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20
September
Brasilien die zweite
Hallo alles zusammen!
Da ja nicht jeder jeden Rundbrief bekommen soll, gibt es sogenannte offizielle Rundbriefe, an "ernstere" Personen. (in denen versuche ich meine Eindruecke zusammengefasst und reflektiert zu schreiben) Und damit euch dies nicht ganz vorenthalten wird, es aber einige Wiederholungen sind, stell ich es auch hier herein,... viel Spass beim lesen Vor einem Monat begann mein MaZ (Missionar auf Zeit) Aufenthalt hier in Brasilien, im Nordosten, in Alagoinhas. Seit einem Monate trennen mich viele Kilometer von zu Hause und lebe ich ein ganz anderes Leben, wie es sonst des meinige war. Meinen Alltag bestimmen nun viele Kinder, unterschiedlichen Alters, die oft ungewaschen, mit dreckiger Kleidung und voller Hunger zu uns in die Spielstunde kommen, um dort eine Stunde frei zu spielen und dann 2 Orangen und eine Banane mit auf den Heimweg zu bekommen. Ihr Zuhause – eine Hütte, zugig, oftmals mit nur sehr wenigen Dingen, manchmal ohne Bad – es fehlt an allen Ecken und Enden. Wenn ich dann Nachts im Bett liege und aufgrund der Kälte und eines Platzregens froh bin, dass ich ein einigermaßen dichtes Dach und einen Schlafsack besitze, schweifen meine Gedanken zu diesen Kindern, die oftmals auch an kalten Tagen nur mit Röckchen und dünnem T-shirt kommen. Ich selbst wohne in der Comunidade Taizé. Es leben dort 8 Brüder, wobei diese sehr viel unterwegs sind, so dass höchstens 4 da sind. Dreimal am Tag ist Gebet in der kleinen Kappelle, wie in Taizé nur in portugiesisch. Diese Gebetszeiten bieten Raum und Zeit viele zu reflektieren und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Macro: Meine Eltern und ich vor der Kirche Macro: Der Eingang der Comunidade mit der Telefonzelle In den letzten vier Wochen habe ich sehr viel erlebt und es hat mir wieder gezeigt, dass Brasilien das Land ist, dass mich in meiner Flexibilität sehr heraus fordert. Kaum sind Dinge ausgemacht und habe ich mich damit angefreundet, werden sie schon wieder verändert und ich muss mich wieder umstellen. So hätte ich zu Beginn erstmals Privatunterricht mit extremschwierigen Kindern machen sollen, dann wurde ich aber in die Sonderschulklasse eingeteilt, nach einer Woche wurde ich nun aber dem Landwirtschaftprojekt zugeteilt. In diesem arbeite ich nun seit einer Woche. Dies bedeutet, dass ich nun Vormittags und Nachmittags mit Gehörlosen in einem riesigem Garten arbeite und wir versuchen aus diesem riesigen, etwas verwilderten Grundstück einen ordentlichen, wirtschaftlichen Gemüsegarten anzulegen. Neben vielen kleinen Highlights und Begegnungen möchte ich nun von einem für mich sehr besonderen Ereignis berichten, an dem ich teilhaben durfte: 3. Bahia Tandem Tour Einmal im Jahr findet die Bahia-Tandem-Tour statt. Ein sehr wichtiges und grosses Ereignis für alle Beteiligten. Bei dieser Tour fahren Gehörlose und Blinde gemeinsam auf einem Tandem nach Salvador. Jeden Tage werden ca. 40 Kilometer gefahren. Für die Beteiligten ist diese Tour auch deswegen so wichtig, da sie somit aus ihrem Alltag heraus kommen und neue, aufregende Dinge erleben. Brasilianisch ging es am ersten Tag mit viel Feuerwerk am Platz unter Polizeischutz los. Wir fuhren im Konvoi die Landstrasse entlang, die Lastwagen und Busse zogen an uns vorbei und so einige unterstützen uns mit Hupen. Die Sonne brannte herunter, es ging bergauf und bergab und ein Schluck Wasser ist in solchen Stunden echt ein Geschenk. In allen Städten wurden wir herzlichst empfangen (Feuerwerk, winkende Kinder am Straßenrand, Musikkappellen, ….) Die Gehörlosen führten ihre Pantomime auf und des Orchester der Schule, dass jeden Tag extra anreiste und sich aus Blinden, sehbehinderten und nichtbehinderten Kindern zusammensetzt, spielten ihre bekannten Lieder, die oftmals zum tanzen anregten. Da tanzten dann die Blinden, mit ihren Stöcken und die Gehörlosen konnten zwar die Klänge nicht vernehmen, aber durch das Beobachten der Anderen bewegten auch sie sich zu den Klängen. Die Integration behinderte und nichtbehinderte Menschen wurde hier wirklich gelebt. Macro: Macro: Das war mein Rad und mein Outfit so konnte ich nicht uebersehen werden!!! Am interessantesten war die 2. Etappe. Diese führte über rote, unbefestigte Sandpisten mitten durch die unberührte und sanfte Natur. Wir kamen durch ganz kleine Weiler hindurch, wo uns die Bewohner verwundert anblicken. Die meisten von ihnen haben sicher noch nie ein Tandem gesehen. Auf dieser Fahrt ist man der Natur viel näher und ich konnte Dinge beobachten, die ich sonst gar nicht so bemerkt hätte. Zum einen das feine Miteinander der Beteiligten. Einige Blinde konnten die „Lormen-Sprache“ und konnten sich somit mit den Gehörlosen verständigen. Da war auch Roberto, der immer sang oder Vital, der hinten auf dem Tandem saß und meistens Mundharmonika spielte und sie nur bei den schwierigen Bergetappen wegsteckte. Aber ich konnte auch andere Dinge sehen. Man spürte oftmals richtig den schlechten Zustand der Straße und konnte den Straßenrand beobachten. Was dort alles lag – in gutem Zustand hätte ich damit mein Haus einrichten können, bzw sahen wir auch viele totgefahrene Tiere. Am beeindruckensten für alle war die Einfahrt nach Salvador. Unter Polizeischutz fuhren wir auf der vierspurigen Straße bis zu dem See in der Stadtmitte in Salvador. Dort machten wir gemeinsam Mittag und fuhren dann die letzten Kilometer in die Schule, die unser Ziel war. Macro: Endlich in Salvador angekommen! Für den Empfang dort gibt es keine Worte, weil es war unbeschreiblich. Über 1000 Schüler haben uns jubelnd, schreiend, pfeifend und mit Luftballonen empfangen. Wir drehen mindestens 20 Ehrenrunden in der Turnhalle zu der Kampfmelodie von Henry Maske – das waren Emotionen. Cicera, eine blindes Mädchen war so berührt, dass die Tränen nur noch so liefen. Mit ganz vielen Emotionen, Eindrücken und dem großen Gefühl wirklich was großes geschafft zu haben, fuhren wir gemeinsam nach Alagoinhas zurück. Macro: Die Ehrenrunde in Salvador Und dadurch, dass wir fast ständig von einem Fernsehteam begleitet wurden, wussten auch in Alagoinhas alle bestens Bescheid. Viele Mitfahrer wurden in den kommenden Tagen noch öfters auf der Straße angeredet. Und stolz werden jetzt immer noch die Trikots getragen. Mit diesen Eindrücken aus dem Land der Gegensätze und vielen lieben Grüßen wünsche ich euch alles Gute. Magdalena
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